Dienstag, 5. März 2019

Karl Lagerfeld (RIP) - Luxus und Freiheit

Einer der vielen Höhepunkte des Luxus, die Karl Lagerfeld erreicht hat, war, in Deutschland vor einem Millionenpublikum gesagt zu haben, dass er stolz sei, ein Deutscher zu sein, ohne medial hingerichtet zu werden.

Aus einem Interwiev von Johanens B. Kerner mit Karl Lagerfeld, ausgestrahlt ein Jahr, nachdem jener Eva Herman medial hingerichtet hatte, da Sie die Worte "Autobahn" und "gleichgeschaltet" in den Mund nahm:

JBK: Die New York Times hat einmal über Sie geschrieben, eine Ihrer wichtigsten Qualitäten sei Ihr Deutschsein.

KL: Ja, da bin ich auch stolz drauf.

JBK: Was haben die Kollegen gemeint damit?

KL: Ja, dass irgendwie ... ich hab ja meine Staatsangehörigkeit schon lange aufgeben können, ne, ich hätte Staatsangehöriger auch von Monaco werden können.  Hab ich aber nie getan, ich bin deutsch geboren und soll deutsch bleiben. Auch wenn ich da nicht lebe.

JBK: Und, und da gibts ... und da haben Sie so ne Ansatzformulierung, dass Sie da auch stolz drauf seien.

KL: Es gibt Dinge, wo man in Deutschland vielleicht nicht stolz drauf sein kann, aber solche Probleme stellen sich die Russen ja auch nicht mit den Gulags und so weiter und so fort. Und das ... ich glaube nicht an Erbschuld, ich mein, wie grauenhaft das war und so unmöglich, aber das annülliert nicht die Tatsache, dass ich nun mal ein Deutscher bin und damit zufrieden bin, weil meine Mentalität im Grunde stinkdeutsch ist, aber für mich im guten Sinne des Wortes.

JBK: Stinkdeutsch im guten Sinne des Wortes ...

KL: Das ist en Hamburger Ausdruck.

JBK: Ja, das müssen Sie mir erklären. Was heißt stinkdeutsch im guten Sinne des Wortes?

KL: Wissen Sie, man kann nicht über seinen eigenen Schatten springen. Und das soll man auch nicht. Ich bin Deutscher wie meine Haare dunkelbraun waren und wie ich so und so groß bin und so weiter und so fort. Das gehört zu mir und das soll auch zu mir gehören.

JBK: Ist Pünktlichkeit typisch deutsch?

KL: Nein, "Pünktlichkeit", es hat immer deutsche Unpünktliche auch gegeben. Das sind so Prinzipien, wo die Deutschen sich im Ausland mit lächerlich machen mit so ...

JBK: So preußischen Tugenden.

KL: Ja, genau, genau, es gab so ne berühmte Karikatur im 19. Jahrhundert, da sagt so ne Nutte in Frankreich zu einem Mann, der über ihr ist: "Sie sind, äh, Lehrer?" Der spricht mit einem deutschen Akzent der Mann. "Das haben Sie an meinem perfekten Deutsch erkannt." Da sagt die Frau: "Nee, am Jägerhemd." Die Deutschen müssen aufpassen nicht in diese Klischees zu kommen, weil sie ja im Grunde besser sind wie das.

JBK: Sind Sie pünktlich?

KL: Nein, ich bin un... total unpünktlich.

JBK: Das kann ich bestätigen.

KL: Ja, ja, aber das ... Nein, aber wissen Sie, wenn ich mit jemandem zusammen bin - das sage ich nicht, weil ich mit Ihnen hier bin - dann guck ich auch nicht nach der Uhr. Im Grunde guck ich nie nach der Uhr. Und ich vergesse dass ich ein anderes Rendezvous habe, ich finde nichts grauenhafter, wenn man mit Leuten ist und dann sagt, jetzt muss ich aber weg, ich muss so und so. Das ist unhöflich. Ich vergess, dass ich was anderes zu tun hab. Und das ist der Höhepunkt des Luxus.
Quelle: hier (ab Minute 6:30)

Freitag, 13. Juli 2018

Die türkische Nationalhymne

Der folgende Text beruht auf einem Beitrag von Corax auf Kewils Blog "Fakten Fiktionen", gepostet im Jahr 2010. Der Text (sowohl die Übersetzung der türkischen Nationalhymne als auch die nachfolgende Interpretation) ist neu bearbeitet.

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Unabhängigkeitsmarsch


Hab keine Angst, diese Fahne, die im Morgenlicht weht, sie wird nicht erlöschen,
Solange das letzte Herdfeuer noch brennt in meinem Heimatland.
Sie ist der Stern meines Volkes, der weiterleuchten wird;
Sie ist mein, sie gehört meinem Volk allein!

Schmolle nicht, ich bitte dich, mein Halbmond, zier dich nicht,
Was soll diese Härte, dieser Zorn? Lache meine Heldenrasse lieber an!
Denn unser für dich vergossenes Blut ist sonst nicht halal.
Unabhängigkeit das ist das Recht meines den gerechten Gott anbetenden Volkes.

Seit Ewigkeiten habe ich frei gelebt, frei will ich leben.
Ich wundere mich, was für ein Wahnsinniger mich da in Ketten legen will.
Ich bin wie eine wilde Flut, ich zerdrücke die Deiche und überspüle sie.
Berge sprenge ich, Meeresweiten beengen mich, hoch woge ich auf.

Wenn sich im Westen eine Wand aus stählernen Panzern am Horizont formiert,
Wird meine Grenze so stark sein, wie mein glaubensvolles Herz.
Lass sie nur heulen! Hab keine Angst! Wie soll sie einen solchen Glauben ersticken können,
Diese Bestie mit dem einen Restzahn, die du "Zivilisation" nennst?

Kamerad, lass dies niedrige Volk nicht in mein Vaterland hinein.
Halte ihnen deinen Körper als Schild entgegen. Gestoppt werden muss dieser unverschämte Überfall.
Die Tage werden kommen, die Gott dir verheißen hat,
Wer weiß, vielleicht morgen schon, vielleicht ein wenig später.

Geh nicht über das Land, das deine Füße treten, achtlos hinweg; es ist mehr als bloße Erde. Erkenne es!
Denk an die, die zu Tausenden ohne Leichentuch darunter liegen!
Du bist Sohn von Märtyrern! Kränke welch Schande nicht deine Vorväter!
Gib dieses himmlische Vaterland nicht her, auch wenn du Welten dafür erhieltest!

Wer wollte sich nicht hinopfern für dieses himmlische Vaterland?
Wenn du diese Erde zusammenpresst, dann sprudeln Märtyrer daraus hervor Märtyrer!
Mein Leben, meine Liebsten und all mein Hab und Gut soll Gott ruhig hinwegnehmen,
Doch niemals trenne er mich auf Erden von meinem einzig Vaterland.

Nur dies eine ersehnt sich meine Seele von dir, oh Gott:
Keines Fremden Hand soll je anrühren die Brust meiner Gebetsstätten!
Und die Gebetsrufe das Zeugnis und das Fundament der Religion
Sollen auf ewig in meinem Vaterland erschallen!

Dann wird sich mein Grabstein, wenn ich einen habe, vieltausendmal in Verzückung niederwerfen,
Dann werden meine Bluttränen, oh Gott, sich aus all meinen Wunden ergießen,
Dann wird mein Körper einer Seele gleich aus der Erde herausspringen,
Dann wird hoch hinaufsteigen mein Haupt und vielleicht sogar Gottes Thron berühren.

Oh ruhmvoller, wie Morgenluft wehender Halbmond,
All mein vergossenes Blut es sei nun halal!
Auf ewig fällst du, fällt meine Rasse nie der Vernichtung anheim.
Freiheit das ist das Recht meiner Fahne, die immer frei gelebt hat.
Unabhängigkeit das ist das Recht meines den gerechten Gott anbetenden Volkes.

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Interpretation


Verfasser des Gedichts "Unabhängigkeitsmarsch" ist der türkische Dichter und Parlamentsabgeordnete Mehmet Âkif Ersoy (18731936). Er schrieb es während des Unabhängigkeitskriegs der Türkei (19191923) gegen die westlichen alliierten Besatzungsmächte, die Gebiete der Türkei an Griechenland und Armenien annektieren wollten. Das Gedicht wurde 1921 von der ersten Großen Nationalversammlung der Republik Türkei zur Nationalhymne der Türkei erklärt. Ersoy erklärte das Gedicht daraufhin zum Werk der türkischen Nation und nahm es daher nicht in seinen Gedichtband auf. Die türkische Nation gilt als Autor des Gedichts.

Als Hymne gesungen werden nur die ersten zwei Strophen. Das gesamte Gedicht wird dagegen in pathetischem Vortrag rezitiert.

Bemerkenswert an diesem Nationalgedicht ist der darin herrschende tiefe islamische Pathos. Dies erstaunt um so mehr, als die Republik Türkei sich offiziell als ein laizistischer Staat darstellt.

Vaterlandsliebe und Islam (Unterwerfung unter Allah) werden in dem Gedicht zu einer unauflöslichen Einheit verschmolzen. Der Soldat, der für das Vaterland fällt, ist zugleich ein Märtyerer des Islam, der bis in den neunten Himmel aufsteigt. Das Vaterland selbst wird mit dem islamischen Paradies (cennet) gleichgesetzt ("himmlisches Vaterland" in wörtlicher Übersetzung: "Paradies-Vaterland"). Das Blut, das der für die Unabhängigkeit seines Landes kämpfende Türke seiner Fahne opfert, ist halal.

Was bedeutet das? Wenn Moslems ein Tier schlachten, muss dies nach festen religiösen Regeln geschehen, sonst ist das Fleisch nicht halal und darf nicht von Moslems gegessen werden. Eine dieser Regeln lautet, dass der Name Allahs beim Töten des Tieres ausgesprochen werden muss. Das Tier muss quasi Allah und dem Islam geweiht werden. Das Blut eines im Krieg für sein Vaterland gefallener Türke ist also halal, wenn er seinen Tod Allah und dem Islam geweiht hat. Das Religiöse und das Weltliche sind in diesem Gedicht untrennbar miteinander verwoben. Halal ist das Blut des gefallenen Soldaten, wenn er sein Blut dem Vaterland, der Fahne, dem Halbmond geweiht hat. Aber dieses Vaterland, diese Fahne ist nichts ohne den Islam. Daher ist sein Blut auch und vor allem deshalb halal, weil er es Allah und dem Islam geweiht hat. In der zweiten Strophe wird die Fahne (der "Halbmond") angeredet: Sie möge die türkische "Heldenrasse" nicht mit Härte begegnen, sie möge sie statt dessen anlachen, denn sonst sei das Blut der Märtyrer nicht halal. Mit diesen Versen wird die türkische Fahne, der "Halbmond", geradezu mit Allah gleichgesetzt. Denn nur wenn Allah die Weihung des Opfers annimmt (den Weihenden "anlacht") ist das Opfer halal.

Das ganze Land ist getränkt von diesem Halal-Blut der Märtyrer, so daß Tausende Märtyrer hervorsprudeln, wenn man eine Hand voll davon mit Händen preßt. Das halalblutgetränkte Land ist ebenfalls halal. Es ist das irdische Abbild des Paradieses. Es ist für immer dem Islam geweiht und muß daher stets gegen andere (gegen nicht-halale, also harame, das heißt verbotene) Religionen beschützt werden. Auf immer soll der Gebetsruf auf dem Vaterlande erschallen; keines Fremden, also keines Kafirs (keines Ungläubigen) Hand soll die Moscheen anrühren. Den opferbereiten Türken, die ihr Blut dem Vaterland und dem Islam opfern, steht als Feind der Westen gegenüber. Der Westen gilt zwar als Zivilisation, ist aber in Wahrheit eine Bestie, denn ihr fehlt der wahre Glaube, der Islam. Der Westen mag noch so sehr von Waffen strotzen, die auf dem ersten Blick furchteinflößend sind ("Wand aus stählernen Panzern"), doch die einzig entscheidende Waffe, der Islam, fehlt ihr. Seine äußeren grollend klirrenden Kriegswaffen sind nichts weiter als der letzte einsame Zahn im ansonsten zahnlosen Maul der Bestie. Ihr ist der Türke mit seinem glaubensvollen Herz überlegen. Allah ist mit ihm im Bunde. Soll das Monstrum sein Kriegsgeheul nur erschallen lassen, gegen die glaubensstarke, Halbmond und Allah ergebene Macht der ihr eigenes Blut opfernden Märtyrer, die wie eine wilde Flutwelle alle Dämme durchbrechen, Berge zerreißen, das Meer zum Überlaufen bringen, kann es nichts ausrichten. Unabhängigkeit und Freiheit in politischer und in religiöser Hinsicht in letzterem Sinn Freiheit im Islam; also Freiheit von nichtislamischen und antiislamischen Einflüssen; Freiheit, den Islam auf ewig zu bewahren das ist das Recht (aber auch die Pflicht) des türkischen Volkes, weil es Hak anbetet. ("Hak" bedeutet "das Recht" und ist zugleich ein üblicher Name für Allah; in der Gedichtübersetzung mit "der Gerechte Gott" wiedergegeben.)

Natürlich hat die Hymne einen geschichtlichen Kontext. Sie wurde während des türkischen Befreiungskriegs geschrieben und diente der Mobilisierung der Türken gegen die westlichen Besatzungsmächte. Mit dem einzähnigen Monster sind also im historischen Kontext die alliierten Sieger- und Besatzungsmächte nach dem I. Weltkrieg gemeint. Da das Gedicht aber zur Hymne der Türkei erhoben wurde, wird die darin enthaltene Botschaft aus der historischen Situation herausgelöst und gewinnt eine für das türkische Volk allgemeine, überzeitliche Gültigkeit, ist also frei für jeweils aktuell mögliche Deutungen.

Die Hymne ist in der Türkei allgegenwärtig. Laut englischer Wikipedia hängt in allen staatlichen und in den meisten privaten Schulen der Text des Unabhängigkeitsmarsches zusammen mit einem Bild Atatürks und einer Rede Atatürks an die Jugend eingerahmt über der Schultafel. Schüler lernen den Unabhängigkeitsmarsch auswendig und in den Schulen werden Wettbewerbe veranstaltet, welcher Schüler die Hymne am schönsten vortragen kann. Auf Youtube wimmelt es nur so von Videos solcher Vorträge. Wer einen Eindruck gewinnen möchte, kann im Youtube-Fenster "İstiklal marşı" (Unabhängigkeitsmarsch) eingeben.

(Interpretation editiert am 18.07.18)

Donnerstag, 12. Juli 2018

Chrestomathia Erdoganica (8) - Demokratie, Demokratie, Demokratie

von Corax
veröffentlicht am 12.06.2008 auf Kewils Blog "Fakten Fiktionen"


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"Atatürk hat gesagt, dass alle Souveränität dem Volk gehört. Die EU verlangt von uns demokratische Grundregeln des Zusammenlebens. Was wir wollen, ist nichts anderes: Demokratie, Demokratie, Demokratie."
Suat Kilic, AKP-Parlamentsabgeordneter (ZEIT 15.05.2008)


"'Die Souveränität gehört bedingungslos der Nation.' Schaut! Das ist eine Lüge. Eine kolossale Lüge. [...] Schaut, denkt gut darüber nach. Sie gehört der Nation, wenn sie wohin geht? Wenn sie zur Wahlurne geht. Aber im Materiellen wie im Geistigen gehört die Souveränität bedingungslos Allah."
Erdogan 1994

Nachdem der Generalstaatsanwalt Yalçinkaya beim Verfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die AKP und führende AKP-Politiker eingereicht hatte, hielt Erdogan in den folgenden Tagen auf mehreren Parteikonkressen in der anatolischen Provinz Reden, in denen er die eingeleiteten Schritte gegen seine Partei und seine Person wortmächtig verurteilte.

Von vielen dieser Reden, über die die türkische Presse natürlich ausführlich berichtet hat, und die der türkische Fernsehzuschauer in Auszügen ins Wohnzimmer übertragen bekam, gibt es Videodokumente auf Youtube. Im folgenden bringe ich die Übersetzung einiger dieser Videodokumente. Es lohnt sich, auch wenn man kein Türkisch versteht, sich einmal eines dieser Videos anzuschauen, um zu sehen, wie es dem begnadeten Redner Erdogan gelingt, wahre Begeisterungsstürme bei seinen Zuhörern auszulösen. Erdogan tritt in der Pose eines Volkstribuns, des Advokaten der Demokratie, des Anklägers der Feinde des Volkes, ja eines Siegers über diese Feinde auf.

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SIIRT

Die erste Rede hielt Erdogan am 15. April 2008, unmittelbar einen Tag nach dem Verbotsantrag, auf einem Kongreß des örtlichen AKP-Frauenverbands in Siirt, der Heimatstadt seiner Frau Emine, derselben Stadt, in der er 1997 während einer Rede die berühmten Minarettenverse rezitierte, die ihn dann ins Gefängnis brachten.

erstes Youtube-Video:

An bedeutsamen Tagen sind wir immer in Siirt. So auch jetzt. Heute ist das fünfte Jahr [meiner Ministerpräsidentenschaft]

Eine andere bedeutsame Entwicklung hat, wie ihr wißt, gestern abend begonnen. [Das Publikum skandiert: "Die Hände, die sich gegen die AK Partei ausstrecken, sollen gebrochen werden"]

[die Sprechchöre unterbrechend] Liebe Geschwister, liebe Geschwister, wie ihr wißt, sind wir eine Partei, die einen demokratischen Kampf führt. Wer einen demokratischen Kampf führt, der hat mit dem Brechen von Armen, mit dem Brechen von Händen, mit dem Brechen von Beinen nichts zu tun. Wer einen demokratischen Kampf führt, wird die größte Lehre an der Wahlurne erhalten, an der Wahlurne! [Jubel]

In diesem Land kann niemand die AK Partei, der 16 Millionen 500 Tausend Wähler im Glauben, daß diese Partei sich für einen demokratischen, laizistischen, sozialen Rechtsstaat* einsetzt, ihre Stimmen gegeben haben, zu einer Brutstätte des Laizismus erklären [verbessert sich] zu einer Brutstätte der Anti-Laizismus erklären. [Jubel, Sprechchöre]

Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Das gestrige Ereignis war kein Schritt, der gegen die AK Partei unternommen wurde. Das gestrige Ereignis war ein Schritt, der gegen den nationalen Willen unternommen wurde, den nationalen Willen! [Sprechchor: "Die Hände, die sich gegen die AK Partei ausstrecken, sollen gebrochen werden"]

[Erdogan: beschwichtigende Handgeste, Kopfschütteln] Ihr jungen Leute, was ich gerade eben gesagt habe, danach werden wir uns richten. Danach werden wir uns richten. Und in unserem Land wird jeder, wenn er Erfolg erringt, ihn innerhalb der Demokratie erringen; und wenn er nicht erfolgreich ist, wird ihn der nationale Wille an der Wahlurne abstrafen und absetzen. So läuft das. [Applaus]

Jedes Wort, das wir, als wir im Jahre 2002 das Amt antraten, gegeben haben, jedes Ziel, das wir gesetzt haben, ist heute, Gott sei Dank, zu einem großen Teil erfüllt. [Applaus, Jubel] Die Türkei hat sich Schritt für Schritt von den schweren Krisenbedingungen, unter denen es gelebt hat, weg bewegt und steht nun einer gesunden, stabilen, dynamischen wirtschaftlichen Struktur gegenüber.

Jene dunkle Zeiten, in denen wir uns jeden Tag verschuldet hatten, jeden Tag wirtschaftlich schwächer wurden, jeden Tag dem Abgrund ein Stück näher kamen, sind zu Ende, liegen hinter uns. [Sprechchöre]

Die Türkei ist während der 23. Legislaturperiode [der derzeitigen AKP-Regierungsperiode] zu einem Land geworden, das immer weiter wächst, das jeden Tag Errungenschaft auf Errungenschaft erzielt, das die verlorenen Jahre langsam wieder zurückholt. Nicht nur Siirt, nicht nur Mardin, nicht nur Konya, nicht nur Kayseri, sondern alle 81 Provinzen der Türkei sind in eine Mobilmachung des Aufschwungs getreten. [Jubel, Applaus]

All unsere Dörfer leben auf, All unsere Wege sind erleuchtet. Dieses Bild erfüllt uns alle mit Freude, macht uns alle glücklich. Denn als die Türkei damals jene schweren Krisen durchmachte, war sie unter Regierungen, die die Sorgen dieser Nation nicht teilten, jeden Moment mit ihrer Angst allein gelassen, Tage zu verlieren - und wir haben viele Tage verloren. Andauernd gingen sie unserer Zukunft verloren. Die, die unser Land regiert hatten, ließen uns mit unseren Nöten, unserer Armut, unserer Ausweglosigkeit - jawohl, erinnert euch daran - allein, und fügten der Zukunft unserer Kinder Schaden zu. Unsere jungen Leute schauten voller Angst auf ihre Zukunft, waren von der ständigen Sorge bedrängt, wie sie ihr Leben fristen sollten. Ihre Hoffnung drohte zu versiegen. [Sprechchöre] Sie waren an den Punkt gelangt, wo sie sich für ihr Land, für ihre Lieben, für ihre Gesellschaft keine Träume mehr ausmalen konnten.

Doch jetzt ist unsere Gegenwart und hoffentlich auch unsere Zukunft, Gott sei dank, [emphatisch] von diesen abgewirtschafteten Krämern befreit. [Jubel, Sprechchöre]

Die Hoffnung ist wieder zurückgekehrt in die Augen unserer Kinder, die Zukunftsbegeisterung ist wieder in ihre Herzen eingekehrt. Denn die AK Partei ist an die Regierung gekommen. Die AK Partei ist aus den Forderungen dieser Nation nach Gerechtigkeit hervorgegangen. Die AK Partei ist keine Partei, die gegründet wurde, weil sie auf dem persönlichen Vorteil von Ahmet, Mehmet, Hasan und Hüseyin beruht. [emphatisch] Es war die Nation, die die Gründung der AK Partei beschlossen hat. Ihr habt es beschlossen! [Jubel, Sprechchöre]

Die AK Partei wurde aus dem Gewissen, aus der Vernunft dieser Nation geboren. Unsere Nation hat die AK Partei umarmt. Und die AK Partei hat unsere Nation umarmt. [Jubel] Wir haben keine Keile zwischen unsere Städten getrieben. Wir sind nicht zu einer Partei und einer Regierung für irgendwelche bestimmten Gruppen, für irgendwelche auf ihren Vorteil bedachten Kreise geworden. Wir haben die Türkei als Ganzes geliebt, und so werden wir sie auch weiterhin, bis zu unserem letzten Atemzug, lieben. [Jubel]

Liebe Mitbürger, was hatten wir gesagt, als wir uns auf den Weg machten? [Sprechchöre] Liebe Mitbürger, was hatten wir gesagt, als wir uns auf den Weg machten? Erinnert euch! Was hatten wir gesagt, [emphatisch] mit den Worten des Asik Veysel**? Veysel, das habt ihr vergessen, hat gesagt: [emphatisch rezitierend] "Wir sind auf einem langen, schmalen Weg, wir gehen Tag und Nacht." Das haben wir gesagt. [Jubel] Ja, wir sind auf einem langen, schmalen Weg, den werden wir gehen, Tag und Nacht. [mit äußerst kraftvoller Stimme, wie gegen einen Orkan anredend, und großen Jubel auslösend] Die Bedingungen mögen sein, wie sie wollen, ob bitterer Winter, ob Sturm, ob Orkan, Tag und Nacht werden wir diesen Weg gehen, werden wir diesen Weg im Dienst für das Volk gehen; niemand wird die Kraft haben, uns von diesem Weg abzubringen; diese Reise wird weitergehen.

Vergeßt nicht, vergeßt nicht: [emphatisch] Wie Siirt das Licht unseres Auges ist, so ist auch Sivas das Licht unserer Augen. Wie wir Isparta lieben, so sehr lieben wir auch Afyonkarahisar. Wie wir Hakkari, Van, Bitlis, Mus und Diyarbakir in unserem Herzen einen bedeutsamen Platz geben, ja, wie sie alle unser Leib und Leben sind, so sind auch Izmir, Baliksehir, Kütahya, Zonguldak unser Leib und Leben. [Jubel] Wir brachen mit der Bereitschaft auf, für die ganzen 780 Tausend Quadratkilometer dieser Erde unser Alles dreinzugeben. Deshalb, das müßt ihr bedenken, hat einzig die AK Partei es geschafft, aus ganzen 80 von den 81 Regierungsbezirken Abgeordnete zu entsenden. [Jubel]

Wir sind die einzige Partei, die von jeder Schicht der Gesellschaft Stimmen bekommen hat. Denn wir sind die Partei, die sich mit dem Volk vereint hat. [mit lauter orkanhafter Stimme] Wir sind die einzige Partei, die den Charakter und die Persönlichkeit aufweist, einen demokratischen, laizistischen, sozialen Rechtsstaat aufzubauen. So haben wir uns auf den Weg gemacht, so sind wir aufgebrochen. [Jubel] Die Bemühungen, auf dieses unser Werk einen Schatten zu werfen, sind umsonst. Sie fruchten nicht. [emphatisch zitierend] 'Man kann die Sonne nicht mit Lehm verputzen' [Sprichwort im Sinne von: "man kann die Wahrheit nicht verdunkeln"], das sollte man wissen. Und... meine lieben Geschwister, die heiligen Seelen unserer Märtyrer/gefallenen Helden [das türkische Wort kann beides bedeuten] haben diese unsere Städte, diese unsere Erde zu einer gemeinsamen [hier endet die Videoaufzeichnung. Das folgende nach der Dokumentation auf Iki Dakika] Heimat gemacht. Diese Einigkeit, diese Brüderlichkeit werden wir mit Allahs Hilfe niemandem zum Fraß überlassen.

Wir erachten die 70 Millionen Kinder dieser Heimat, jeden Einzelnen, der ein Bürger der Republik Türkei ist, als unsere Brüder, als unser Leib und Leben. Als deren Diener üben wir dieses Amt aus.

"In unserem Land ist das Marmaragebiet anders, der Westen anders, das Mittelmeergebiet anderes, das Ägäisgebiet anders, Mittelanatolien anders, der Mittelanatolien anders, der Südosten anders, der Osten anders, das Schwarzmeergebiet anders..." In unserem Wörterbuch kommt dergleichen nicht vor. Der Dienst, den wir dem Westen erweisen, erweisen wir auch dem Osten. Den Dienst, den wir dem Norden erweisen, erweisen wir auch dem Süden.

Und deshalb, paßt gut auf, haben wir hier in den letzten fünf Jahren, hört gut zu liebe Geschwister, ungefähr 8,5 Billiarden nur für den Südosten und den Osten aufgewendet. Erforscht die 79 Jahre [von der Republikgründung 1923 bis zum Regierungsantritt der AKP 2002] und schaut: ihr werdet solche Zahlen nicht finden. Und alles beginnt, sich zu verändern. Ihr seht es, nicht wahr? Und es wird sich weiter verändern.

[Erdogan sagte darauf, daß mit diesen 8,5 Billiarden Lira auch 46 Tausend Häuser gebaut würden, die großenteils in Privatbesitz überführt werden sollten und fuhr weiter fort:]

Warum tun wir das? Wir wollen, daß sich unsere Städte verändern, daß sie sich verschönern. Daher haben wir diese Schritte unternommen, daher unternehmen wir diese Schritte. Schaut, liebe Geschwister; jetzt haben wir das Südostanatolien-Projekt begonnen, wir machen da weiter, wo man aufgehört hatte. Für dieses Projekt wenden wir 12 bis 15 Billiarden auf. Unser Ziel ist es, dieses Projekt inschallah in 5 Jahren zum Abschluß zu bringen.

Wir werden inschallah den Silvan- und den Cizre-Staudamm, wir werden inschallah Bewässerungskanäle, Beregnungs- und Bewässerungsanlagen bauen. Wir werden die halbfertigen und unvollendeten Straßen, zweispurige Straßen und Autobahnen, in diesen Gegenden fertigbauen.

[Erdogan sagte weiter, man wolle die 780 Kilometer lange minenverseuchte Gebiet an der syrischen Grenze von den Minen säubern und, falls möglich, für biologische Landwirtschaft nutzen. Dann sagte er:]

Alle haben bis heute nur Worte gemacht, die Regierung der AK Partei aber hat Arbeit geleistet und leistet weiterhin Arbeit. Für uns gibt es keinen Aufschub von Versprechungen. In unseren Grundsätzen kommt das nicht vor.


Fußnoten:
*) In Artikel zwei des türkischen Grundgesetzes wird die Republik Türkei wörtlich als "demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat" definiert.
**) Der Alevit Asik Veysel (1894-1973) gilt als der letzte große türkische Volksdichter und -sänger.


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zweites Youtube-Video:

So wie dieser unglückselige Schritt der rechtlichen Grundlage entbehrt, so hat er auch im Gewissen der Nation keinerlei Legitimität. Die, die unsere Nation, obwohl sie das nicht verdient hat, mit solch einer Abwegigkeit, solch einem Schimpf konfrontieren, werden sich aus der Scham darüber nicht mehr retten können. [Applaus, Jubel]

Meine liebe Nation möge sich beruhigen. Wir werden uns der Vertretungsmacht, die ihr uns am 22. Juli [2007, Wahlsieg der AKP] gegeben habt, bis zum Ende widmen. Wir werden nicht zulassen, daß die Errungenschaften, die die Türkei nach langen Jahren jetzt erzielt hat, daß die Sicherheit und die Stabilität zerstört werden.

Tag und Nacht arbeiten wir daran, die Türkei dem Ziel der modernen Zivilisation, welches Atatürk gesetzt hat, näherzubringen; wir bemühen uns, den Lebensstandard unseres Volkes zu erhöhen; - und da kommen welche daher und wollen die Errungenschaften unserer Nation mit einem Schlag zunichte machen? [Applaus] Eine größere Verantwortungslosigkeit kann es nicht geben.

Jeder - jeder sollte gut wissen, daß er für den Schaden, den er dieser Nation, diesem Land zufügt, büßen wird. Werte Geschwister, die Türkei wird den Marsch für Demokratie, den Marsch für Gerechtigkeit und Aufschwungs, den Marsch zur Förderung der Rechte und Freiheiten ohne Zögern fortsetzen.

Schaut, weiterhin sind wir zu einem neuerlichen demokratischen Schritt bereit. Ein Projekt, das wir als die Türkei eigentlich viel zu spät in Angriff nehmen, das schon vor 10 Jahren hätte begonnen werden müssen, werden wir in den kommenden Monaten in die Wege leiten.

Die Türkische Radio und Fernsehgesellschaft hat mit den Arbeiten für einen mehrsprachigen Kanal begonnen, der über Satellit überall in der Welt empfangen werden kann, der aber im besonderen die türkeinahen Gebiete des Irak und des Iran ansprechen wird. Dieser neue Kanal, der auf Kurdisch, Arabisch und Persisch ausgestrahlt werden soll, wird 24 Stunden ununterbrochen auf Sendung sein. [Applaus] Dieser neue Kanal, der Anfang 2009, wenn möglich auch zu einem früheren Zeitpunkt, auf Sendung gehen wird, wird nicht nur in der Türkei, sondern in einem weiten geographischen Bereich, hauptsächlich im Nahen Osten, zu empfangen sein.


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BATMAN

Nach seinem Auftritt in Siirt flog Erdogan in die unweit gelegene Stadt Batman und redete vor einem Kongress der AKP-Parteijugend. Hier Redepassagen, wie sie in der Hürriyet zitiert wurden:
"Genau wie der Volkssänger Veysel sagten wir: 'wir sind auf einem langen schmalen Weg, wir gehen Tag und Nacht.' Seitdem sind etwa sechseinhalb Jahre vergangen. Wir sind auf einem langen, schmalen Weg marschiert. Vor uns tauchten Hindernisse auf, taten sich Schluchten auf, all das haben wir überwunden. Sie werden auch später wieder auftauchen, und wir werden sie wieder überwinden. Denn am 22. Juli haben 16 Millionen 500 Tausend Wähler der AKP ihre Stimme gegeben. Schauen Sie, ich rede nicht von den Familien [mit ihren Kindern], ich rede nur von den Wählern. Kann es sein, daß man den Willen von 16 Millionen und 500 Tausend Menschen mißachtet, kann es so was geben?"

"Was ist das für eine Einstellung, was ist das für ein Verständnis? Man kann nicht ständig das Volk dazu nötigen, die Rechnung derer zu bezahlen, die nicht zu verantwortungsvollem Handeln in der Lage sind. Die, die einen Schatten auf die demokratische Gesinnung, auf das demokratische Ansehen der Türkei werfen, die die nach schwerem Ringen erreichte politische und ökonomische Stabilität geschlossenen Auges aufs Spiel setzen, werden auch die Strafe dafür davontragen. Sie können ihr nicht entkommen. Was für Notlagen hat diese Nation bestanden! Was für einen Preis hat sie für die demokratischen Errungenschaften bezahlt! Sie erhob sich aus den Trümmern der ökonomischen Krisen und ist bis hierher gekommen. Niemand kann dieser Nation ein solches Unrecht zumuten. Das Recht kann nicht auf Mißachtung des Volkswillens errichtet werden. So wie dieser unglückselige Schritt der rechtlichen Grundlage entbehrt, so entbehrt er auch im Spiegel des Gewissens der Nation jeglicher Legitimität. Die unsere Nation, obwohl sie das nicht verdient hat, mit solch einer Abwegigkeit, solch einem Schimpf konfrontieren, werden sich aus der Scham darüber nicht mehr retten können. Ihr seht selbst, wie wir uns der Vertretungsmacht widmen, die ihr uns am 22. Juli an den Wahlurnen gegeben habt. Wir werden uns ihr bis zum Ende widmen."


Hier wird Erdogan von seinen Zuhörern unterbrochen, die in Sprechchören skandieren:

"Schlag zu, schlag zu, bis er stöhnt, Deniz Baykal soll hören"


(Deniz Baykal ist der Vorsitzende der kemalistischen CHP.) Daraufhin sagte Erdogan beschwichtigend:

"Nicht nötig. Es gibt Menschen, die haben Ohren und hören nicht, die haben Augen und sehen nicht, die haben Zungen und sprechen die Wahrheit nicht. Nicht nötig."


Diese Worte wurden von der türkischen Presse als Zitat aus dem Koranvers 7,179 identifiziert, der folgendermaßen lautet:

"Wir haben viele der Dschinn und der Menschen erschaffen, deren Ende die Hölle sein wird! Sie haben Herzen, und sie verstehen nicht; sie haben Augen, und sie sehen nicht; sie haben Ohren, und sie hören nicht. Sie sind wie das Vieh; ja sie sind weit ärger abgeirrt. Sie sind fürwahr unbedacht."


Während derselben Rede rezitierte Erdogan auch die Strophe eines türkischen Liebeslieds, um die liebende Verbundenheit von Volk und Partei, oder vielleicht eher zwischen dem Volk und ihm selbst, Ausdruck zu verleihen. Nach jedem rezitierten Vers wiederholt die Zuhörerschaft im Chor den Vers. Der letzte Vers wird dreimal rezitiert:

Erdogan: Wir wanderten gemeinsam auf diesen Wegen.
Chor der Zuhörer: Wir wanderten gemeinsam auf diesen Wegen.

Erdogan: Wir wurden gemeinsam naß im Regen.
Chor der Zuhörer: Wir wurden gemeinsam naß im Regen.

Erdogan: In allen Liedern, die ich jetzt höre,
Zuhörer: In allen Liedern, die ich jetzt höre,

Erdogan: Erinnert alles uns an euch.
Zuhörer: Erinnert alles uns an euch.

Erdogan: Erinnert alles uns an euch.
Zuhörer: Erinnert alles uns an euch.

Erdogan: Erinnert alles uns an euch.
Zuhörer: Erinnert alles uns an euch.


Die beiden Passagen, die Sprechchöre und die darauffolgende Rezitation der Koranstelle sowie die gemeinsame Rezitation des Liebesgedichts, liegt als kleiner Videoclip auf Youtube.

Diese Gedichtstrophe scheint innerhalb der Erdogan-Bewegung schon länger eine Rolle zu spielen. Sie wurde nämlich, in abgewandelter Form, bereits im Jahre 1998 von Erdogan-Anhängern gesungen, als sie zu Tausenden vor dem Istanbuler Rathaus gegen die Verurteilung Erdogans protestierten, wie in Chrestomathia Erdoganica (3) festgehalten. Damals sangen sie:

"Wir wanderten gemeinsam auf diesen Wegen. Wir wurden gemeinsam naß im Regen. Jetzt geht's der Ministerpräsidentenschaft entgegen."


Erdogan ist ein begnadeter Redner, der stimmlich alle Register ziehen kann und seine Zuhörer magisch in Bann zu ziehen scheint. Und er benutzt immer wieder auch Gedichte. Es gibt einen längeren Essay über Erdogan, in dem gerade auf seine Kunst des Gedichtvortrags eingegangen wird.

Das Gedicht, aus dem Erdogan zitierte, ist kein politisches Gedicht, es ist ein reines Liebesgedicht, das auch vertont ist, also ein Liebeslied. Hier der vollständige Liedtext:

Ich bin umringt von Erinnerungen.
Überall, wohin ich blicke, sind deine Spuren.
Selbst wenn ich nicht an dich denken wollte,
Erinnert alles mich an dich.

Wir wanderten gemeinsam auf diesem Wegen.
Wir wurden gemeinsam naß im Regen.
In allen Liedern, die ich jetzt höre,
Erinnert alles mich an dich.

Wie die Sonne am Himmel an deine Augen,
Wie die aufgeplatzte Erde an meine Sehnsucht,
Wie jedes brennende Feuer an meine Liebe,
Erinnert alles mich an dich.

Wir wanderten gemeinsam auf diesen Wegen.
Wir wurden gemeinsam naß im Regen.
In allen Liedern, die ich jetzt höre,
Erinnert alles mich an dich.

Text: Askin Tuna, Melodie: Seluk Tekay


*

MALATYA

Anfang April hielt Erdogan einem Kongress der AKP-Parteijugend Malatya eine Rede. Auf Youtube existiert der Clip einer unverhüllt propagandistischen Nachrichtensendung dazu, in der man Erdogan, untermalt mit feierlicher Orchestermusik reden hören und sehen kann. Im folgenden die Übersetzung der Redeausschnitte:

"Wir sind nicht zum Streit gekommen, wir sind gekommen, um Güte zu bringen, wir sind gekommen, um Liebe zu bringen. Und das werden wir weiter tun. Wir gehören zu denen, die wissen, daß die Geduld grenzenlos ist. Wir sind eine Gruppe, eine Gesellschaft, die diejenigen, die an den Wahlurnen besiegt wurden, nicht mit undemokratischen Methoden bekämpft. Die AK Partei wird niemals ein Akteur mit antidemokratischen Methoden sein. Das müßt ihr wissen. Die AK Partei wird ihren Kampf immer mit demokratischen Methoden führen. [Erdogan ist ins Schwitzen gekommen, zieht die Jacke aus und fährt fort:] Wir werden diesen unseren Kampf fortführen für eine Türkei ohne Diskriminierung, für eine Türkei, in der die Demokratie herrscht, in der die Republik Türkei ein demokratischer, laizistischer, sozialer Rechtsstaat ist. Aber wir werden diesen Kampf genau so weiterführen, geradewegs, ohne nach rechts oder nach links abzuweichen."

"Am 14. August sagten wir mit den Worten Menderes': 'Das Wort gehört der Nation.' Aber wir fügten am selben Tag noch etwas hinzu, wir sagten: 'Das Wort gehört der Nation und die Entscheidung gehört der Nation'. Dies wird in die Geschichte als Basis, als Grundlage der Demokratie eingehen. Ja. In Demokratien gehört sowohl das Wort als auch die Entscheidung der Nation. Was die Nation sagt, das geschieht. Das müssen wir wissen und die, die es nicht wissen, die werden es lernen und werden es wissen. Es wird welche geben, die nicht hören, aber die Hörenden werden es den Nichthörenden erklären. Wir werden, alle Hindernisse überwindend, weitergehen. Die Geschichte ist dafür der offensichtliche Beweis. Die, die diesen Weg einschlugen, die sich auf diesen Weg verlegt haben, die im Dienst für das Volk vorangingen, sind immer mit Hindernissen konfrontiert worden. Viele Vorteilnehmer wollten Hindernisse aufbauen. Denn die Vorteilnehmer haben in der Nation keinen Platz. Sie sind in einem Teufelskreis gefangen."

"Sie hocken in Ankara und sind damit beschäftigt, anderen eine Grube zu graben. Sie denken: 'Wir haben keinen Dienst [an der Nation] geleistet, wir haben die Probleme des Landes nicht gemildert. Dann wollen wir wenigstens denjenigen, die [der Nation] dienen, Hindernisse in den Weg stellen.'"

"Sie wollen ihren eigenen Wahlstimmen ein anderes Gewicht geben als der Wahlstimme meines Mitbürgers aus einem anatolischen Dorf. Sie sind Kreise, die die Demokratie so sehr mißverstehen, daß sie diese Gleichheit in der Demokratie nicht sehen können. Und das Interessante dabei ist: Wenn du in diesem Land sagst: 'Wir werden eins sein, wir werden gemeinsam sein', wird dir vorgeworfen, daß du in die gefährlichste Trompete zur Spaltung der Gesellschaft bläst. Davon kann keine Rede sein! Davon kann keine Rede sein!"

Das Videodokument dieser Nachrichtensendung bringt auch einen Ausschnitt aus Erdogans Ansprache auf einem Kongreß für Unternehmer mit dem Titel "Brücke für den Aufschwung und die Zusammenarbeit in Ostanatolien, 101 Projekte, 1001 Unternehmer" Dort sagte er:

"Wir sind erst am Anfang unserer Arbeit. Das Verfassungsgericht tut seine Arbeit, die 60. Regierung der Republik Türkei [die aktuelle AKP-Regierung] tut ihre Arbeit, das sollten Sie wissen. [soweit das Videodokument, die Internetzeitung NTV-MSNBC zitiert ihn weiter:] Das Ergebnis [des Gerichtsprozesses] mag sein wie es will, es interessiert uns nicht."


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Quellen:

Rede in Siirt:
erstes Video: http://www.youtube.com/watch?v=8q2bhEwIDKA (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
zweites Video: http://www.youtube.com/watch?v=pHObtqJq__Y
(2018: Link ist nicht mehr aktiv)
Transskription eines größeren zusammenhängenden Redeausschnitts: http://www.ikidakika.com/demokrasi-artik-olmazsa-olmazdir/ (2018: Link ist nicht mehr aktiv)

Rede in Batman:
Zeitungsbericht: Hürriyet: http://www.hurriyet.com.tr/gundem/8466963.asp?gid=229&sz=70703
Kurzvideo: http://www.youtube.com/watch?v=Ef6oHKAO6bk (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
Rede in Malatya:
Video: http://www.youtube.com/watch?v=9hI9qG6rPn0 (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
Text auf AKP-Seite: http://www.akparti.org.tr/gnsayfa/haber.asp?haber_id=22899&kategori=8 (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
Ansprache Erdogans auf einem Kongress ostanatolischer Arbeitgeber in Erzurum: http://www.ntvmsnbc.com/news/441842.asp (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
Text des Gedichts "Ich bin umringt von Erinnerungen": http://www.birebir.net/goster.asp?d=beraber+yuruduk+biz+bu+yollarda (2018: Link ist nicht mehr aktiv)
ZEIT 15.05.2008: http://images.zeit.de/text/2008/21/T-rkei3 (2018: Link ist nicht mehr aktiv)